Freitag, 31. Oktober 2014

Das Erbrecht in Patchworkfamilien



Patchwork-Familien sind heute fast häufiger anzutreffen als die klassische „Kernfamilie“. Die Scheidungszahlen nehmen rasant zu. Nicht selten heiraten Geschiedene erneut oder leben mit einem Partner zusammen, der ebenfalls Kinder in die Familie mitbringt. Genauso häufig kommt es vor, dass die „neuen“ Partner sich entscheiden noch gemeinsame Kinder zu bekommen. In dieser Form der Familie gibt es dann leibliche Kinder und Stiefkinder.

Das deutsche gesetzliche Erbrecht beruht auf der Blutsverwandtschaft. Ausnahmen hierzu bilden nur der Ehegatte oder der eingetragene Lebenspartner. Durch die Stiefelternschaft allein wird jedoch kein Verwandtschaftsverhältnis begründet. Stiefeltern sind mit ihren Stiefkindern lediglich verschwägert. Es sei denn, es erfolgt eine Adoption. Stiefkinder sind daher gegenüber ihren Stiefeltern weder erb- noch pflichtteilsberechtigt. Viele Eltern machen sich jedoch Gedanken, wie sie ihre eigenen leiblichen Kinder und die Stiefkinder gerecht behandeln können bei der Verteilung der Erbmasse.

Vor dem Verfassen erbrechtlicher Regelungen in der Patchworkfamilie können daher folgenden Überlegungen hilfreich sein:

1.    Muss überhaupt etwas geregelt werden? Es lohnt auf ein Blick auf die gesetzliche Erbfolge!
2.    Haben die Beteiligten (Ehegatten/Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft)
bereits ein Testament?

Wenn ja,

Handelt es sich um Einzeltestamente oder ein gemeinschaftliches Testament oder einen Erbvertrag?

Einzeltestamente sind jederzeit frei widerrufbar.

Handelt es sich dagegen um ein gemeinschaftliches Testament, sind weitere Überlegungen anzustellen:

a)    Ist es wirksam?
b)    Wenn ja: Sind wechselbezügliche Verfügungen enthalten?

(Wechselbezüglich sind Verfügungen in einem gemeinschaftlichen Testament, wenn die eine Verfügung nicht ohne die andere getroffen wäre.)

c)    wenn ja: Kann die Bindung der wechselbezüglichen Verfügungen überwunden werden?

Beim Erbvertrag muss man sich die Frage stellen, ob eine vertragsmäßige Verfügung besteht und wenn ja, wie diese überwunden werden kann.

Hat man diese Fragen beantwortet, stellt sich die Frage, wie denn nun testiert werden soll.

Auch in Patchworkfamilien hat jeder Partner die Möglichkeit ein Einzeltestament zu verfassen. Gemeinschaftliche Testamente sind nur möglich, wenn die Beteiligten verheiratet sind oder in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft leben. Nichteheliche Lebensgefährten haben die Möglichkeit per Erbvertrag bindend zu testieren. Hier darf jedoch nicht vergessen werden, dass dieser Erbvertrag vom Notar beurkundet werden muss. Ansonsten ist der Erbvertrag nicht wirksam.

Hat man sich die Form des Testaments überlegt, beginnt der schwierige Teil. Die Beteiligten müssen sich überlegen, welchen Inhalt ihre letzwilligen Verfügungen haben sollen.

Hierbei sind folgende Fragen hilfreich:
1.     Sollen alle Kinder, die eigenen und die des Partners gleich behandelt werden?
2.    Wie soll der Ehegatte oder Partner gestellt werden?
3.  Welche erbschaftssteuerlichen Folgen löst die gewählte Form der letztwilligen Verfügung aus?
4.    Wie kann Streit vermieden werden? (Regelung von Pflichtteilsansprüchen und Pflichtteilsverzichten)
5.    Wie kann verhindert werden, dass der Ex-Partner von der Erbschaft profitiert?
6.    Soll die letztwillige Verfügung wirklich bindend sein oder soll der überlebende Partner flexibel sein dürfen bei der Verteilung des Nachlasses?




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