Dienstag, 28. Mai 2013

Was ist ein Verfahrensbeistand? Und wozu braucht man ihn eigentlich?


Ein großer Teil meiner anwaltlichen Tätigkeit besteht in der Arbeit als Verfahrensbeiständin. Doch was ist das eigentlich?

Verfahrensbeistände können aus diversen Berufsgruppen kommen. Einige von Ihnen sind wie ich Rechtsanwälte. Es gibt jedoch viele Sozialpädagogen, die als Verfahrensbeistände tätig sind.

Verfahrensbeistände werden von den Familiengerichten in diversen Verfahren bestellt (Eltern können nur die Bestellung anregen)an denen minderjährige Kinder beteiligt sind. Das Gericht hat dem minderjährigen Kind in Kindschaftssachen, die seine Person betreffen, einen geeigneten Verfahrensbeistand zu bestellen, soweit dies zur Wahrnehmung seiner Interessen erforderlich ist. Dies ist in der Regel der Fall:

  • bei Verfahren in denen die teilweise oder vollständige Entziehung des Sorgerechts in Betracht kommt,
  • wenn eine Trennung des Kindes von der Person erfolgen soll, in deren Obhut es sich befindet
  • in Verfahren, die die Herausgabe des Kindes oder eine Verbleibensanordnung zum Gegenstand haben oder
  • wenn der Ausschluss oder eine wesentliche Beschränkung des Umgangsrechtes in Betracht kommt
  • bei Unterbringungsverfahren, wenn eine freiheitsentziehende Unterbringung des/der Minderjährigen (d.h. gegen dessen Willen und u. U. unter Anwendung von Gewalt durch die Polizei oder den Gerichtsvollzieher), etwa in einer kinder- und jugendpsychiatrischen Einrichtung, in Frage kommt

Ebenso soll ein Verfahrensbeistand bestellt werden, wenn das Interesse des Kindes zu dem seiner gesetzl. Vertreter in erheblichem Gegensatz steht, wovon ausgegangen werden kann, wenn zwei sorgeberechtigte Elternteile je verschiedene Ansprüche bezüglich des Kindes formulieren, etwa wenn anlässlich der Trennung der Eltern Uneinigkeit darüber besteht, bei welchem Elternteil das Kind zukünftig leben soll.

Weiterhin ist vom Gericht ein Beistand zu bestellen, wenn dies in Abstammungs- oder Adoptionsangelegenheiten zur Wahrnehmung der Interessen des minderjährigen Beteiligten erforderlich ist.

Meine Aufgabe – als „Anwältin des Kindes“-ist es, das Interesse und die Wünsche des Kindes festzustellen und im gerichtlichen Verfahren zur Geltung zu bringen. Ich werde sozusagen zum "Sprachrohr" des Kindes und sensibilisiere die beteiligten Erwachsenen für die Kindperspektive. Ich vertrete also nur die Interessen des Kindes und stehe auf keiner anderen Seite. Gleichzeitig vermittele ich dem Kind Gegenstand, Ablauf und möglichen Ausgang des Verfahrens in einer kindgerechten Art und Weise. Ich kann im Interesse des Kindes Rechtsmittel einlegen, ohne gesetzlicher Vertreter des Kindes zu sein.

Soweit es der Wunsch des Familiengerichtes ist, wirke ich an dem Zustandekommen einer einvernehmlichen Regelung zwischen allen Beteiligten mit.
 

Montag, 27. Mai 2013

Neues Sorgerecht zum 19.05.2013 in Kraft getreten

 
Das Gesetz zur Reform der elterlichen Sorge nicht miteinander verheirateter Eltern ist am 19.05.2013 in Kraft getreten.
 
Nach altem Recht erhielten Eltern, die nicht miteinander verheiratet waren, das gemeinsame Sorgerecht nur, wenn sie heirateten oder sich übereinstimmend für die gemeinsame Sorge entschieden. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) sah darin einen Verstoß gegen die Europäische Menschenrechtskonvention, das BVerfG einen Verstoß gegen die Grundrechte.
 
Nach der Neuregelung des § 1626 a BGB hat zwar auch künftig die Mutter mit der Geburt des Kindes die alleinige Sorge. Der Vater kann jedoch in einem abgestuften Verfahren die gemeinsame elterliche Sorge für das Kind beantragen.
 
Die Neuregelung sieht folgendes Verfahren vor:
 
Nach einem entsprechenden gerichtlichen Sorgerechtsantrag des Vaters erhält die Mutter Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Frist dafür endet frühestens sechs Wochen nach der Geburt. Durch diese Frist soll sichergestellt werden, dass die Mutter nicht noch unter dem Eindruck der Geburt eine Erklärung im gerichtlichen Verfahren abgeben muss.
 
Gibt die Mutter keine Stellungnahme ab bzw. trägt Gründe vor, die erkennbar nichts mit dem Kindeswohl zu tun haben und werden dem Gericht auch auf sonstige Weise keine Gründe bekannt, die der gemeinsamen Sorge entgegenstehen, soll das Familiengericht in einem schriftlichen Verfahren, ohne Anhörung des Jugendamts und ohne persönliche Anhörung der Eltern, entscheiden.
 
Eine umfassende gerichtliche Prüfung ist nur dort vorgesehen, wo Gründe bekannt werden, dass die gemeinsame Sorge dem Kindeswohl nicht entspricht.
Das Familiengericht spricht dem Vater das Sorgerecht zu, wenn die Übertragung dem Kindeswohl nicht widerspricht (negative Kindeswohlprüfung).
 
Dem Vater wird der Zugang zur Alleinsorge auch ohne Zustimmung der Mutter eröffnet. Voraussetzung ist, dass eine gemeinsame elterliche Sorge nicht in Betracht kommt und zu erwarten ist, dass die Übertragung auf den Vater dem Wohl des Kindes am besten entspricht.