Dienstag, 6. November 2012

Sorgerecht nicht miteinander verheirateter Elternteile

Gemeinsame elterliche Sorge nicht miteinander verheirateter Eltern (KG 16.02.2011, 17 UF 375/11
Sachverhalt:
Der Kindesvater begehrt die Ausübung der gemeinsamen elterlichen Sorge für ein im Jahr 2007 geborenes nichteheliches Kind. Die Kindesmutter hat am 12.01.2006 ein Erklärung abgegeben, in der sie mitteilt, dass sie bereit sei, dass Sorgerecht gemeinsam mit dem Kindesvater auszuüben. Die Erklärung wurde jedoch nicht beurkundet. Das Amtsgericht hatte den Antrag des Vaters auf die Mitübertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge zurückgewiesen. Auch in der Beschwerdeinstanz hatte der Vater verloren aus folgenden
Gründen:
Voraussetzung für die Ausübung der gemeinsamen elterlichen Sorge ist in Anlehnung an die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes bis zum Inkrafttreten einer gesetzlichen Neuregelung ein Mindestmaß an Übereinstimmung der Eltern. Sie müssen in der Lage sein, sich über die Belange des Kindes zu einigen. Das können Sie nicht, wenn sie bspw. nicht in der Lage sind zu klären, ob das Kind getauft werden soll oder nicht, wenn die Übergabesituation beim Umgang nicht ohne Streit abläuft oder sie in Gesundheitsfragen gegeneinander vorgehen anstatt im Sinne des Kindes zu handeln.
Ferner müssen beide Eltern in ausreichendem Maß Gewähr für eine kontinuierliche, verlässliche und verantwortungsbewusste Wahrnehmung des Sorgerechts bieten. Dies ist nicht der Fall, wenn bspw. der Vater gegen eine gerichtlich gebilligte Umgangsvereinbarung, gegen seine Wohlverhaltenspflicht dadurch, dass er das Verhältnis von Kindesmutter und Kind beeinträchtigt hat, gegen die Umgangspflicht und die in der Vereinbarung übernommenen Verpflichtungen und gegen seine Barunterhaltspflicht verstößt. Diese Verstöße lassen erhebliche Zweifel an der Erziehungsfähigkeit des Elternteils aufkommen.
Als unerheblich sieht das Gericht, die Gründe an, weshalb die Kommunikation und Kooperation zwischen den Eltern nicht gelingt. Bedeutsam ist allein, inwieweit diese möglich ist. Die Pflicht zur Kooperation kann eine fehlende tatsächliche Verständigungsmöglichkeit nicht ersetzen.
Hinweise:
Sorgerechtserklärungen können bereits vor der Geburt eines Kindes abgegeben werden. Sie müssen öffentlich beurkundet werden. Dies kann beim Jugendamt selbst oder beim Notar geschehen. Es besteht auch die Möglichkeit, einen gerichtlichen Vergleich über das Sorgerecht zu schließen. Dieser Vergleich ersetzt die öffentliche Beurkundung.
Die Entscheidung des Kammergerichtes sehe ich selbst als korrekt ab. Es kommt häufig vor, dass die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes zum Sorgerecht „nichtehelicher“ Väter, gerade von diesen missverstanden wird. Die Entscheidung führt meiner Ansicht nach nur zu einer bisher nicht möglichen gerichtlichen Überprüfung einer Sorgerechtsentscheidung. Sie bedeutet keineswegs, dass nun in der Regel die gemeinsame elterliche Sorge angeordnet wird.
Mit Hilfe der vorliegenden Gerichtsentscheidung kann festgestellt werden, ob ein die gemeinsame elterliche Sorge begehrender Vater die Übernahme einer Mitverantwortung überhaupt will oder ob sein Antrag und die damit begehrte Entscheidung nur der Kontrolle der Mutter dienen soll. Die Mitverantwortung zeigt sich auch in dem Willen des Vaters, die Kindesunterhalt zu bezahlen und seine Umgangsverpflichtungen einzuhalten. Beide Gesichtspunkte sind für das Kindeswohl mit ausschlaggebend. Es verhält sich jedoch hinsichtlich der Unterhaltspflicht anders, sofern der Kindesvater schlicht nicht leistungsfähig ist. Dann kann auf die Unterhaltsverpflichtung nicht abgestellt werden.
In aller Munde ist derzeit der Gesetzentwurf zum Sorgerecht nicht miteinander verheirateter Elternteile. Im Einzelnen sieht der Regierungsentwurf folgendes vor:
1.    Der Vater kann zunächst versuchen, sich mit der Mutter beim Jugendamt zu einigen, sofern die Mutter nicht von sich aus ihr Einverständnis mit der gemeinsamen Sorge erklärt.
2.    Stellt sich heraus, dass die Mutter sich nicht mit der gemeinsamen Sorge beim Jugendamt einverstanden erklärt oder sich nicht dazu erklärt, kann der Kindesvater das Familiengericht anrufen.
3.   Frühestens sechs Wochen nach der Geburt ist einer Mutter Gelegenheit zur Stellungnahme zum Antrag des Vaters zu geben.
4.    In einem beschleunigten schriftlichen Verfahren entscheidet das Familiengericht ohne persönliche Anhörung der Eltern, sofern die Mutter nicht Stellung nimmt oder aber sich äußert, aber keine für das Kindeswohl relevanten Umstände vorträgt und das Gericht auch keine sonstigen Kenntnis von derartigen Gründen hat
5.   Sofern die Übertragung des Kindeswohl nicht widerspricht überträgt das Familiengericht dem Kindesvater die Mitsorge.
Es bleibt abzuwarten, wie sich der Entwurf nach den Lesungen im Bundestag entwickelt.

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